Ich – Seelenwesen – Selbst

verstehen und erfahren

 

(Eröffnungsvortrag der Jahrestagung 2013 des DAKBT in Hattingen am 28.November)

 

 

 

S c h w e i g e n

 

 

 

In der Stille

– der Ruhe des Körpers, dem Abklingen Gefühle, dem Schweigen der Gedanken –

können wir erfahren, dass da mehr ist, als wir gewohnt sind wahrzunehmen:

da ist ein Lächeln, da ist Weite.

Die Wirbelsäule richtet sich auf, der Kopf kippt ein wenig nach hinten, die Augen, offen oder geschlossen, schauen über den Horizont der Alltagswahrnehmung in die Unendlichkeit. Nach und nach tritt unsere äußere Persönlichkeit zur Seite; dann können wir in der Tiefe des Herzens das goldene Lächeln unseres Seelenwesens erfahren in der grenzenlosen, blauen Weite unseres Selbst.

Tritt unsere äußere Persönlichkeit, unser Ich, nicht beiseite, so bleibt unsere Wahrnehmung erfüllt vom gewohnten Strom der Empfindungen des Körpers, dem Wirbel der Gefühle, den durchziehenden Gedanken und dem Erleben der Außenwelt.

 

Das Lächeln in uns und die Weite um uns herum bleiben verhüllt.

Aber dennoch sind sie da. In diesem Zustand haben wir nur keinen Zugang zu unserem Seelenwesen und unserem Selbst. Sie sind subtil und ihre Wahrnehmung wird verdeckt von den gröberen Frequenzen der sensorischen Eindrücke, der Gefühle und Gedanken. Dieser Zustand ist vergleichbar einem wolkenverhangenen Tag, an dem die Sonne golden leuchtet wie nur je und die Weite des Himmels präsent ist wie immer, jedoch verdeckt für unsere Wahrnehmung durch die Wolkendecke; wir erleben es und drücken es so aus: „Heute scheint die Sonne nicht und der Himmel hängt tief“.

Ob augenblicklich erfahrbar oder verhüllt - heute wollen wir die Mitmenschen um uns herum auf allen drei Ebenen unserer Wirklichkeit begrüßen:

  • Unsere äußere Ich-Persönlichkeit grüßt mit dem vertrauten „hallo“, begleitet von einem Händedruck, der eine kurze körperliche Verbindung herstellt, und mit einem Blick in die Augen des Gegenübers, der signalisiert: „ich nehme dich wahr und bin dir freundlich gesonnen“.

 

  • Unser Seelenwesen grüßt mit dem indischen „namasté“, das einige von uns auf Reisen kennengelernt haben. Wir legen unsere Handflächen vor dem Herzen aufgerichtet aneinander, verbeugen uns leicht vor unserem Gegenüber und drücken damit aus: „Meine Seele ehrt Deine Seele“.

 

  • Unser Selbst grüßt das Selbst des Gegenübers indem wir unsere Arme öffnen, die Hände erheben und ausbreiten zum Zeichen der Weite, die in uns ist und die wir im anderen erfahren. Wir kennen diese Geste von dem Priester, der sich an Gott wendet, und wir grüßen auf diese Weise das Göttliche im Gegenüber mit dem Göttlichen in uns. 

 

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Es geht um die Frage: „Wer bin ich?“.

 

Es ist die zentrale Frage des Menschen, der im Gegensatz zum Tier, zu den Pflanzen und den materiellen Gegenständen gesegnet ist (oder auch geschlagen) mit dem mehr oder weniger ausgeprägten Bewusstsein seiner selbst.

Es ist eine Frage der Identifikation: da ist Bewusstsein und da sind Formationen auf unterschiedlichen Realitätsebenen – da, wo mein Bewusstsein zentriert ist, bin ich identifiziert:

  • Die Menschen des Westens unserer Tage sind immer noch überwiegend identifiziert mit ihrem Denken – „Ich denke, also bin ich“ – entsprechend dem Ausgangspunkt der Philosophie von Descartes. Von dieser Basis aus konnten die scholastische Theologie und der Aberglaube des Mittelalters überwunden werden; der Grundstein für wissenschaftliches Forschen war damit gelegt.

 

  • Damasio hat uns in den 90-iger Jahren aufgeklärt über „Descartes’ Irrtum“; er hat wissenschaftlich bewiesen, dass unser Denken nur auf der Basis von Fühlen funktioniert. Es muss demnach heißen: „Ich denke und fühle, also bin ich“.

 

  • Die KBT bringt uns noch tiefer hinein in unsere Persönlichkeit. Sie veranlasst uns, unser Bewusstsein zu versenken bis in den gefühlten Körper; dadurch wird er vom „Körper, den ich habe“ zum „Körper, der ich bin“.

Unser Ich ist die Instanz in unserem Bewusstseins, die alle diese Ebenen integriert: „Ich bin meine Gedanken, meine Gefühle und mein Körper“. Außerdem setzt das Ich sich in den Zusammenhang mit dem Geworden-sein im Laufe der Lebensgeschichte und in den Kontext des sozialen Umfeldes: „Ich war das Kind / ich war der oder die Jugendliche / ich war der oder die junge Erwachsene / ich bin der Partner oder die Partnerin / ich bin die Mutter oder der Vater“….und vieles mehr. Wenn alle diese Ebenen und Ingredienzien gut integriert sind, komme ich zu dem Schluss: „Das bin ich“, und vielleicht zeige ich dabei auf die Mitte meiner Brust – nicht auf die Stirn oder auf den Bauch (aus gutem Grunde wie wir sehen werden).

Schattenanteile, also Persönlichkeitsanteile, die wir nicht in unser Ich integriert haben, können als neurotische oder psychosomatische Symptome in unser Bewusstsein treten; wir empfinden sie als fremd, unerwünscht, leidvoll; wir verstehen nicht, was das soll - wir verstehen uns selber nicht. Diese Symptome gehören (irgendwie) zu uns, aber (irgendwie) auch nicht. Sie sind ich-dyston wie die Fachwelt es ausdrückt.

Das Ich macht unsere Persönlichkeit aus; wir kennen sie mehr oder weniger gut und sind bestrebt, sie immer besser zu verstehen und zu entfalten. In der Maslow’schen Bedürfnis-Hierarchie entspricht dies dem Bedürfnis nach Selbst-Erfahrung und Selbst-Verwirklichung. Dem können wir erst dann nachgehen, wenn unsere grundlegenderen Bedürfnisse hinreichend befriedigt sind: unsere physiologischen Bedürfnisse, unser Bedürfnis nach Sicherheit und Zugehörigkeit, unser Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung.

Am Ende der Maslow’schen Bedürfnispyramide steht das Bedürfnis nach Selbst-Transzendenz. Es markiert den Übergang von der Ich-Psychologie zur Transpersonalen Psychologie, die an der amerikanischen West-Küste in den 70-iger Jahren aufkam, hier bei uns in Deutschland aber nie wirklich Fuß fasste.

Hier kommen wir an den „Tellerrand“, über den mit Euch hinauszuschauen Anke Dalhoff mich gebeten hat. Die Transpersonale Psychologie befasst sich mit dem, was in unserem Wachbewusstsein auftaucht, wenn wir still werden – wie zu Anfang unseres Zusammenseins –, wenn der Strom von Gedanken und Gefühlen, von Körper- und Außenwahrnehmungen versiegt. Jetzt geht es nicht mehr um einen weiteren Schritt in unserer Persönlichkeitsentwicklung – es geht um den berühmten ‚Quantensprung‘, hin zur ewigen inneren Person, die wir sind, hin zum Göttlichen in uns.

Auf körperlicher Ebene habe ich einen solchen Sprung erfahren vor einigen Jahren im Hochseilgarten. In der Mitte eines Schwebebalkens auf 10m Höhe gab es eine Lücke, die nicht mit einem Schritt zu überbrücken war; um auf die andere Seite zu gelangen, musste man springen, konnte also nicht einen Fuß auf dem Holm lassen. Diese Kletter-Konstruktion wurde „die Entscheidung“ genannt (und natürlich war man zur Sicherheit angeseilt). Mir schlotterten auf 10m Höhe zunächst einmal die Beine; erst als sie sich beruhigt hatten, konnte ich langsam auf dem Balken vorgehen bis zur Lücke. Jetzt kam die Entscheidung: springen oder nicht springen? Man kann sich von dieser Stelle aus auch einfach abseilen lassen und nimmt die tolle Erfahrung mit, in luftiger Höhe auf dem Balken fast geschwebt zu sein. In meinem Falle geschah der Sprung ganz einfach; ich hörte mich rufen: „Stephan, ich springe!“ ….und fand mich auf der anderen Seite auf dem Holm sitzend wieder. Wow, was für eine Erfahrung! Noch wochenlang klang sie in mir nach!

Ich teile diese Erfahrung mit, um Euch einen Geschmack davon zu geben, was ‚Quantensprung‘ hier meint und um klarzustellen, dass es einer Entscheidung bedarf: man kann springen - man muss nicht springen!

Mein Bewusstseins-Sprung erfolgte nicht in der Transpersonalen Psychologie, sondern direkt in spirituellen Studien und Erfahrungen. Auf meiner Suche landete ich schließlich bei Sri Aurobindo, in dessen philosophischem Hauptwerk „Das Göttliche Leben“ ich zufriedenstellende Erklärungen fand, mit denen sich all mein bisheriges Wissen und meine Erfahrungen in einen integralen Zusammenhang bringen ließen.

Sri Aurobindos Philosophie ist eine Kosmologie,

  • fundiert in der Tiefe jahrtausendealter indischer Weisheit,

  • dargelegt mit westlich trainiertem Verstand und rationaler Logik,

  • weiterentwickelt auf integral-evolutionäre Weise in dem Zeitgeist, dessen Repräsentanten auch Teilhard de Chardin und Jean Gebser sind.

2006-2009 studierte ich 24 Monate lang in verschiedenen Nord- und Süd-Indischen Ashrams, zunächst autodidaktisch, dann mit einem online-Master-Studiengang der Indira-Gandhi-Universität in New Delhi. Auch vertiefte ich mich in die Praxis des Integralen Yoga, den Sri Aurobindo aus seinen Ein-Sichten heraus entwickelt hat, gemeinsam mit seiner Gefährtin, der gebürtigen Französin Mirra Alfassa, genannt „Die Mutter“. Den Integralen Yoga praktizierte ich mit verschiedenen Lehrern in Auroville, der internationalen, öko-spirituellen Stadtgemeinschaft nahe Pondicherry, die die Mutter 1968 unter der Schirmherrschaft der UNESCO gründete, um die Einheit der Menschheit auf der Basis des Einen Göttlichen Selbst zu manifestieren.

Was erfuhr ich in diesen zehn Lehr- und Wanderjahren vom Ich, vom Seelenwesen und vom Selbst? Was kann ich Euch dazu mit-teilen?

Zunächst einmal ist festzustellen, dass von den Begriffen in der westlichen Welt meist wahllos Gebrauch gemacht wird, da nicht klar ist, was sie bezeichnen: Ich und Selbst werden eingesetzt als wären sie Synonyma, als ständen sie für dasselbe - was sie nicht tun! Das ist beispielsweise der Fall, wenn Stern in seiner Forschungsarbeit über die „Selbste“ spricht, die der Säugling mitbringt oder entwickelt, damit jedoch die Anfänge und das Entstehen der Ego-Persönlichkeit beschreibt; Stern möchte sich damit distanzieren vom Ich-Begriff der Freud’schen Triebtheorie, den er für seine Beobachtungen als inadäquat empfindet. Maslow nennt es „Selbsterfahrung“ und „Selbstverwirklichung“, wenn es um die Erfahrung und den Ausdruck der Ich-Individualität geht. Bei dem Bedürfnis nach „Selbsttranszendenz“, von dem schon die Rede war, handelt es sich hingegen darum, das Ich zu überschreiten und hinter sich zu lassen, es zu transzendieren, um das Selbst erfahren und verwirklichen zu können. Die westliche Psychologie ist weitestgehend eine Ich-Psychologie und die daraus resultierende Psychotherapie dreht sich um die Heilung und Weiterentwicklung des Ichs, der äußeren Persönlichkeit, die zwischen Empfängnis, Geburt und Tod existiert. Das Selbst ist ewig, es existiert in Zeit und Raum und auch jenseits davon; seine Erfahrung und Verwirklichung sind Gegenstand spiritueller Disziplinen, in denen es stets vorrangig um die Überwindung des Ich geht, um zum Selbst zu gelangen. In der Transpersonalen Psychologie konvergieren die Erkenntnis- und Entwicklungswege, aber nur in wenigen Kliniken in Deutschland wird der Versuch gemacht, die Transzendierung des Egos und die Erfahrung des Selbst in die Therapie einzubeziehen. Denn dazu ist ein Konzept erforderlich, das die Existenz des Göttlichen im Allgemeinen und des Göttlichen im Menschen im Besonderen anerkennt – und das ist heikel, da es sich dem westlichen Forschungsansatz entzieht.

Was der Ausdruck „Seele“ bezeichnet ist beim griechischen Wort ‚Psyche‘, im christlichen Glauben und in der Psychologie als westlicher Wissenschaft von der Seele etwas jeweils ganz Unterschiedliches; das detailliert darzustellen würde den Rahmen dieses Vortrags überschreiten. Allen Arten des Gebrauchs dieses Begriffes gemeinsam ist, dass „Seele“ den Wesenskern im Menschen meint. Dieser wird aber in unterschiedlichen Zusammenhängen gesehen und auf verschiedenen Ebenen lokalisiert.

Es bedarf Sri Aurobindos Kosmologie, um die Realitäten hinter den Begriffen in einem angemessenen Gesamtzusammenhang zu sehen, der uns Klarheit vermittelt.

1. Diagramm (das Absolute und das Bewusstsein) öffnen

Diese Kosmologie startet mit dem Absoluten und geht hinunter bis zur Materie, um alle Elemente, die Facetten des EINEN sind, in integralem Eins-Sein sehen zu können. Das Absolute ist jenseits von Sein oder Nicht-Sein, jenseits von Bewusst-Sein und doch trägt, durchdringt, ist es alles. Eine weitere Aussage darüber ist grundsätzlich unmöglich. Das primäre, allgegenwärtige Faktum, das aus dem Absoluten hervortritt, ist Bewusstsein. Es hat zwei Facetten: bewusstes Sein (Satchidananda) und bewusstes Nicht-Sein (Nirwana); eine erste Dualität wird erfahrbar von Erleuchteten wie Buddha und Sri Aurobindo. Für uns mental-gebundene Menschen handelt es sich um eine Polarität; die Zustände sind paradox, sie scheinen sich gegenseitig auszuschließen - und dennoch sind sie EINS im Absoluten. Im Buddhismus ist das Nirwana, das bewusste Nicht-Sein, das Ziel aller Bemühungen, da es den Menschen befreit vom leidvollen „Rad der Wiedergeburt“; das Aufgehen des individuellen Bewusstseins im Nirwana ist der ultimative Ausstieg aus den Leiden der Existenz. Im Hinduismus wenden sich die Menschen aller Jahrhunderte der Erforschung bewussten Seins zu, der Existenz; dies sind der Ausgangspunkt und das Ziel meiner Bewusstseins-Reise. Wenn Ihr mehr über das buddhistische Nirwana wissen wollt, dann müsst Ihr jemand anderes fragen. Sri Aurobindo hat das Nirwana erfahren, hat sich aber dafür entschieden, nicht darin aufzugehen, sondern im bewussten Sein zu bleiben, es zu erleben und zu erforschen trotz aller Leiden, die dabei im menschlichen Bewusstsein auftauchen. Ich habe die gleiche Entscheidung getroffen und folge Sri Aurobindo, denn wenn es einzig um Ausstieg und Befreiung ginge, dann wäre doch alles bisher Erlittene und Entwickelte für die Katz‘! Es muss doch letztlich für etwas gut gewesen sein – und das ist es auch, glücklicherweise!

2. Diagramm (höhere und niedere Hemisphäre der Existenz) öffnen

Wir beschäftigen uns also mit dem bewussten Sein, der Existenz, und da haben wir zu unterscheiden zwischen einer höheren und einer niederen Hemisphäre. Die höhere Hemisphäre der Existenz ist ewig unveränderliches Sein, Transzendenz jenseits von Zeit und Raum. Die niedere Hemisphäre der Existenz ist die Manifestation in Raum und Zeit, der immerwährende Wandel des Werdens. In der Transzendenz finden wir das Eine bewusste SEIN in drei Facetten als

  • das reine, unbewegte Bewusstsein (sat), in seiner unpersönlichen Seite erfahren als das Selbst (Atman), in seinem persönlichen Wesen erkannt als Ishwara, der Göttliche Herr;

  • die aktive Bewusstseinskraft (chid), in ihrer unpersönlichen Seite erfahren als Natur, in ihrer persönlichen Erscheinung erkannt als Maha-Shakti, die Große Göttin,

  • die bewusste Seligkeit (ananda) des Eins-Seins von Selbst und Natur, von Ishwara und Maha-Shakti.

(Anmerkung: hier finden wir eine 2. und 3. Dualität, nämlich aktiv und passiv, persönlich und unpersönlich.)

Das wahre Selbst (Atman) findet sich also schon hier, in der Transzendenz jenseits von Zeit und Raum; es ist reines, leeres, unbewegtes, bewusstes Sein; Jivatman wird es genannt, wenn es als Zeugenbewusstsein hinter und über einer individuellen menschlichen Inkarnation steht. Die wahre Seele ist ein Strahl von Bewusstsein, der hervortritt aus ananda, der Seligkeit des Eins-Seins; deshalb ist sie pures Lächeln, Freude, Glückseligkeit. Sie tritt in die Inkarnation ein, in ihren „Avatar“, den Organismus aus physischem Körper, Gefühlen und Gedanken, mit dem wir uns normalerweise identifizieren. Die Seele nimmt die Essenz der Lebenserfahrungen auf und wird dadurch zu einem individuierten Seelenwesen. Dies ist die nach dem Tod weiterbestehende Person, die re-inkarniert in einem neuen Körper, zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, in einer anderen Persönlichkeit. Neugeborene sind also tatsächlich keine „unbeschriebenen Blätter“, sondern sie bringen eine Individualität mit, wie Stern es in seinen Säuglings-Beobachtungen feststellte, ohne dies Faktum weiter zu kommentieren. In Analogie zur DNS unseres physischen Körpers könnten wir von einer „Seelen-DNS“ sprechen.

Es ist die Natur oder Maha-Shakti, die aktive Bewusstseinskraft, die den äußeren Organismus bereitstellt, indem Sie aus der Transzendenz in die Manifestation in Raum und Zeit geht. Sie gibt sich dem Wandel immerwährenden Werdens hin: durch stufenweise Verdichtung bildet Sie im Laufe der - von Sri Aurobindo sogenannten - „Involution“ feinstoffliche Welten und Wesen aus. Die Involution vollzieht sich in drei grundlegenden Stufen: der Manifestation von Mental, von Leben und von Materie, durch zunehmende Verdichtung und Vergröberung. Als der Punkt größtmöglicher Verdichtung erreicht war, entstand mit dem Urknall das materielle, evolutionäre Universum; unsere äußere Persönlichkeit, integriert von unserem Ich, ist ein unendlich kleiner, aber holistischer Teil davon. Unsere Erde, der blaue Planet, ist der evolutionäre Teil des Universums – vielleicht auch nur einer unter anderen, wer weiß? – in dem Materie, Leben und Mental eins nach dem anderen entwickelt werden in einer unbeschreiblichen Vielfalt von vergänglichen Formen. Homo sapiens ist insofern die bisherige Krönung dieses evolutionären Prozesses, als der Mensch über das animalische Leben hinaus das mentale Bewusstsein in der Manifestation verankert und alle Grund-Elemente, Materie, Leben und Mental, in sich integriert. Zudem kommen im Menschen, als individuell beseeltem Wesen, transzendentes Sein und manifestierendes Werden zusammen. Dadurch geschieht Individuation auf höchster Ebene – sie geschieht im inkarnierten Seelenwesen.

Das Absolute existiert nun in drei „Aggregat-Zuständen“: transzendent, kosmisch und individuell. Das Göttliche zu individuieren ist der zweite große Auftrag an den Menschen, den beseelten homo sapiens – und damit beschäftigen wir uns gerade

Das Projekt liegt jenseits von akademischer Universitätsmedizin und herkömmlicher Therapieforschung – es ist transrational. Es erfordert einen Quantensprung im Bewusstsein, das Loslassen vom Boden vermeintlich fester Tatsachen. Zu fürchten braucht man sich nicht davor, denn es bedeutet keinen Rückfall ins Infra-Rationale, wo wildem Aberglauben wie im Mittelalter erneut Tür und Tor geöffnet wären. Wir sind „angeseilt“, gesichert durch unsere Ratio; sie hält uns auf der Höhe ihres Bewusstseins, tiefer werden wir nicht mehr fallen. Damit wir höhere, subtilere Bewusstseinsebenen erfahren und integrieren können, muss sich unsere Ratio allerdings öffnen, darf sich nicht für das Höchste halten, wie sie das im Westen üblicherweise tut, da dieser von rationaler Wissenschaft und der daraus hervorgehenden Technik geprägt ist. Ken Wilber und Sri Aurobindo stimmen darin überein: auf der rationalen Bewusstseinsebene hat die Menschheit erst „die Halbzeit der Evolution“ hinter sich. Vor uns liegt der nächste Schritt, die Entwicklung des homo sapiens zum homo divinus - das bedeutet die Verwirklichung des Menschen, der das Göttliche in sich integriert hat. Das Göttliche in uns, Seele und Selbst, waren und sind stets gegenwärtig, aber sie bleiben im Hintergrund. Da sie so subtil sind habe sie Mühe, sich bemerkbar zu machen und Gehör zu finden. Unser Ego ist so lautstark und dominant, dass wir kaum Zugang haben zur Göttlichkeit in uns, oftmals so wenig, dass wir geneigt sein können, seine Existenz gänzlich zu leugnen. Goethe jedoch, der alte Meister, vernahm die Seele in seinem Inneren und ließ uns wissen:

Leise, vernehmlich, spricht ein Gott in unserer Brust und zeigt uns an, was zu ergreifen, was zu fliehen ist“.

Das Göttliche in uns, Seele und Selbst, wohnen in unserer Brust: dies ist der Grund, warum wir auf die Brust zeigen und nicht auf den Kopf oder den Bauch, wenn wir gestisch klarmachen wollen: „Das bin ich“ oder „Das bin ich selbst“.

Nun gut - was ist zu tun?

Nachdem die Landkarte des Bewusstseins ausgebreitet vor uns liegt und wir uns orientieren können, treten wir die Reise an. Wie immer gibt es viele Wege nach Rom (zum homo divinus, den Jesus Christus bereits vor 2000 Jahren in sich verwirklicht hat), und auf jedem dieser Wege werden wir anderes zu sehen bekommen, werden wir anderes erfahren - falls wir überhaupt nach Rom wollen und nicht lieber nach New York oder Rio… Den Weg, der sich mir eröffnete, nannte ich „Feld-Dynamik“; dazu wird es ein Workshop geben im Laufe dieser Tagung, bei dem Ihr tiefer in die Erfahrung eintreten könnt. Ich möchte ihn so beschreiben:

Durch Fokussierung des Bewusstseins auf den gefühlten Körper findet die KBT Zugang zu Wissen und Weisheit des Körpers und aktiviert sein kreatives Potential zur Heilung dysfunktionaler Persönlichkeitsmuster. Mit der „Feld-Dynamik“ gehen wir in einer Atementspannung tiefer bis auf die Zell- und Gewebsebene, wo im Licht des begleitenden Bewusstseins Schattenanteile auftauchen und der Bearbeitung zugänglich werden.

  • Wir tauchen so tief in unsere äußere Persönlichkeit ein, wie dies nur möglich ist.

Bei der Atem-Konzentration auf die Räume des Herzens finden wir auf der Oberfläche die „Wunsch-Seele“, die Emotionalität unserer äußeren Persönlichkeit, dahinter unser Seelenwesen mit seinem spezifischen Biotop und zuhinterst die Weite des Selbst, empfunden und bebildert auf jeweils ganz individuelle Weise.

  • Wir begegnen der inneren Person, dem Göttlichen in uns, das hinter unserem „Ich-Avatar“ steht.

Wir vertrauen uns der Dynamik dieses Feldes an zwischen der subjektiven Weisheit des physischen Körpers und dem Göttlichen in uns; die Integration aller unserer Teile lässt uns reifen zum „homo divinus“.

  • Der evolutionäre Quantensprung geschieht uns.

 

Ich – Seelenwesen – Selbst

verstehen und erfahren

 

Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.

Namasté!

 

 

 

Themenabend zu „Das Göttliche Leben“
von Sri Aurobindo am 24.9.2010 im SACB

 

Thema: Wer bin ich?

Zweites Buch, Teil 2, Kapitel XIX

 

Exposé: Als Buchtitel hat Richard Precht diese uralte Menschheitsfrage im letzten Jahr bestsellerfähig gemacht und auf unterhaltsame, informative Art beantwortet auf der Basis des wissenschaftlichen Zeitgeists.

Wir wollen uns dem zuwenden, was Sri Aurobindo dazu bereits vor 100 Jahren mitteilte und wollen uns in die Tiefen, Weiten und Höhen seiner Realisation mitnehmen lassen. Dabei begegnen wir dem Unterbewussten, der Seele, dem Selbst, dem Unsterblichen in uns; endlich wird klar und verständlich, was diese Worte, die wir gerne einmal benutzen, bezeichnen und in welchem Zusammenhang sie stehen mit dem, wer und was wir wirklich sind.

 

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Einführung ins Thema

‚Wer bin ich’ - was für eine Frage!

Fremde fragen mich: „Wer bist Du?“ Aber frage ich mich: „Wer bin ich?“ Das ist für mich doch keine Frage, ich weiß es seit meiner frühesten Kindheit: meine Eltern haben auf meinen Körper geschaut und haben mich bei meinem Namen genannt, und so heiße ich eben. Ich bin ich und trage diesen Namen, der mich bezeichnet. Ich bin mein Körper, meine Gefühle, meine Gedanken, meine Handlungen, meine Lebensgeschichte. Außerdem identifiziere ich mich mit einigem, das auch zu mir gehört, das sozusagen eine Erweiterung von mir ist: meine Familie, meine Wohnung, meine Stadt, meine Nation; und natürlich bin ich einer von den 6 Milliarden Menschen dieser Welt – das alles in Abgrenzung zu dem, wer und was ich nicht bin. Also, wenn man die Frage „wer bin ich?“ nicht spontan und sicher beantworten kann, dann hat man ein echtes Problem, wird in der einen oder anderen Weise als krank angesehen und entsprechend behandelt. Glücklicherweise kommt das nur selten vor.

 

Und dennoch: die Frage „Wer bin ich?“ ist eine der ältesten und vielleicht die zentralste Frage der Menschheit, der im Gegensatz zu der Tier- und Pflanzenwelt die Selbsterkenntnis auferlegt ist. Über dem Eingang zum Orakel von Delphi im alten Griechenland stand geschrieben: „Erkenne dich selbst“, und irgendwann beginne ich zu ahnen, dass das, was ich über mich weiß und denke, nicht alles sein kann.

Sobald das Leben ein wenig Raum dafür lässt beginnt die Suche, die einen auf ganz verschiedene Wege führen kann, die unterschiedliche Antworten bereithalten: der westliche wissenschaftliche Materialismus, psychologische und philosophische Schulen, unterschiedliche Spielarten religiöser Dogmatik und Wege spiritueller Traditionen - oder auch die pure Vertiefung in die eigene Lebenserfahrung. Und immer läuft es nach einiger Zeit auf das Gleiche hinaus: man findet einige befriedigende Antworten, die Realität einfangen und uns das Leben ein wenig besser verstehen und meistern lassen – aber – da ist ein großes Aber: über kurz oder lang tauchen Erfahrungen auf und führen zu Fragen, die mit diesen Erkenntnissen nicht mehr beantwortet werden können - die Suche geht weiter.

Auf einer solchen Suche kann man Sri Aurobindo (1872-1950) begegnen, seiner französischen Gefährtin Mirra Alfassa (1878-1973), genannt „die Mutter“ und ihrem ‚Integralen Yoga’. Sri Aurobindo ist ein ‚rationaler Mystiker’ Indiens: in seiner Kindheit und Jugend wurde er in London und Cambridge trainiert in westlichem Denken, zurück in Indien verwurzelte er sich tief im uralten indischen Offenbarungswissen der Veden und Upanishaden und nach und nach erfuhr und realisierte er alle Aspekte der Erleuchtung. Das Lebenswerk der Mutter war es, ihr gemeinsam entwickeltes Yoga in die Praxis umzusetzen und es den vielen Schülern im Ashram in Pondicherry und weltweit leichter verständlich zu machen. Es ist die Integralität dieses Yoga und sein evolutionärer Aspekt, welche es zeitgemäß machen.

In seinem Hauptwerk „Das göttliche Leben“ legt Sri Aurobindo uns unsere „siebenfache Unwissenheit“ dar und führt uns zum „siebenfachen Wissen“ dessen, wer und was wir wirklich sind. Er benennt und stellt dar:

  • die konstitutionelle Unwissenheit

  • die psychologische Unwissenheit

  • die zeitbedingte Unwissenheit

  • die ichhafte Unwissenheit

  • die kosmische Unwissenheit

  • die ursprüngliche Unwissenheit

  • und die praktische Unwissenheit.

 

Unsere konstitutionelle Unwissenheit resultiert daraus, dass wir Menschen mentale Wesen sind, an die Materie und das Leben gebunden. Wir zeichnen uns aus durch unsere verstandesmäßige Erkenntnisfähigkeit, die überwiegend in den Dienst unserer materiellen und vitalen Bedürfnisse gestellt wird. Diese Ausrichtung ist zunächst erforderlich, um diese Bereiche zu meistern in einem alltagstauglichen Ausmaß (mit gelegentlichen Sternstunden); dann wird sie allerdings zu einer Begrenzung, die uns davon abhält, unser wahres größeres Wesen zu erkennen. Selbst wenn wir die physikalisch-chemischen Gesetze unserer Welt, die Weiten des Universums und die Tiefen der Meere erforscht und die biologischen und sozialen Prozesse verstanden haben, werden wir dem wahren Glück nicht viel näher gekommen sein, das darin liegt, unseres eigenen Wesens bewusst zu sein und es zu realisieren. Das Höchste, das wir auf der Ebene des physisch-vital-mentalen derzeitigen Alltagsbewusstseins erreichen können, ist technischer Komfort und eine labile Harmonisierung unseres Lebens durch ethisch-ästhetische Prinzipien und realitätsangemessenes Verhalten. Was Not tut ist das Wissen um den geistigen Kern unseres Wesens, der sich in der äußeren Welt manifestieren möchte in einem weiteren Schritt der Evolution über die derzeitige mentale Stufe hinaus.

Unsere psychologische Unwissenheit ist eine Folge unserer Fixierung auf unsere äußere, mental-vital-physische Persönlichkeit mit unserem Tagbewusstsein, das von oberflächlichem Erinnerungsvermögen gestützt wird. Die Ebenen darunter, dahinter und darüber tauchen darin spontan nicht auf ebenso wenig wie unsere Wesensanteile, die mit diesen Ebenen verbunden sind. Die Psychologie als westliche Geisteswissenschaft hat unsere unterbewussten Ebenen und Persönlichkeitsanteile in den letzten 100 Jahren erforscht; die spirituelle Wissenschaft des Ostens erkundet und lehrt seit Jahrtausenden die über dem normalen Tagbewusstsein angesiedelten Ebenen des universellen und transzendenten Geistes und findet das Eine und unser universelles Selbst; das christliche Mittelalter mit seinem Okkultismus und seinen Heiligen hatte Zugang zu den subliminalen (okkulten) Wirklichkeiten hinter der äußeren Welt und wusste von der Seele, die in jedem von uns den unsterblichen göttlichen Kern bildet. Es bedarf der Abwendung unseres Bewusstseins vom Außen und der Hinwendung zum Unten, Oben, Innen, um dieser Realitätsebenen und unserer unbewussten Persönlichkeitsanteile, unserer Seele und unseres Selbst gewahr zu werden. Wenn wir wissen wollen, wer wir wirklich sind und was uns tatsächlich bewegt, dann bleibt uns diese Forschung nicht erspart.

Unsere zeitbedingte Unwissenheit hängt mit der Annahme zusammen, dass unsere Individualität gebunden ist an unseren Körper und dessen Leben zwischen Geburt und Tod, auf das sich die Kontinuität unseres oberflächlichen Erinnerungsvermögens beschränkt. Wir haben ein spontanes Empfinden für das Unsterbliche in uns, aber unser Verstand, der sich auf materiell-sensorische Daten stützt, verwirft es als irrationalen Aberglauben, den manche Religionen schüren. Sri Aurobindo erklärt uns, dass unsere grundlegende Unsterblichkeit in der Zeitlosigkeit unseres Selbst liegt, in unserem unwandelbaren Sein jenseits unseres Werdens in der Zeit. Als natürliche Folge dieser wahren Unsterblichkeit gibt es die Kontinuität unseres in der Zeit verlaufenden Werdens, unserer Erfahrungen von einem Leben zum anderen, von einer Welt zur anderen, nach der Auflösung unseres physischen Körpers. Das ist eine natürliche Konsequenz der Zeitlosigkeit unseres Wesens, die sich hier als ein unaufhörliches Fortbestehen in der ewigen Zeit zum Ausdruck bringt. Es ist unsere Seele (der göttliche Bewusstseinsfunke in uns), die durch die Zyklen von Geburt und Tod, Jenseits und Wiedergeburt hindurchgeht und das Empfinden von andauernder Identität in uns trägt.

Unser unwandelbares Selbst und den Seelenkern in unserem Werden können wir erfahren, wenn wir unser Bewusstsein vorübergehend zurückziehen vom aufzehrenden Interesse am Materiellen nach innen und nach oben, heraus aus unserem oberflächlichen, vergänglichen Leben von Augenblick zu Augenblick in das ewige Leben unseres unsterblichen Bewusstseins. Dann erfahren wir, dass wir eine spirituelle Wesenheit sind, die ein beständiges Seelen-Leben besitzt, das seine Aktivitäten in aufeinander folgenden physischen Daseinsabläufen entwickelt und dadurch seine wahre innere Individualität formt.

Durch diese Erkenntnis werden wir gleichzeitig frei von der ichhaften Unwissenheit. Das Ich existiert durch seine Begrenzung: „dies bin ich, aber das bin ich nicht – dies gehört zu mir und das nicht“. Es trennt uns von unseren Mitmenschen, von Welt und Universum und vom göttlichen All-Einen und begrenzt uns auf unsere äußere Persönlichkeit. In der Verbundenheit unserer Seele mit aller Kreatur und in der Grenzenlosigkeit unseres transzendenten Selbst findet es keinen Halt und löst sich auf. Dieses Verschwinden führt aber nicht zur Zerstörung der wahren Individualität unseres spirituellen Seins, denn diese war immer universal und eins mit der Transzendenz. Es kommt zu einem neuen apersonal-personalen Schauen, Fühlen und Handeln.

So löst sich auch unsere kosmische Unwissenheit auf: wir identifizieren uns nicht mehr ausschließlich mit einem mikroskopisch kleinen Teil der Manifestation, unserer aktuellen Inkarnation, sondern realisieren unsere Universalität, das kosmische Bewusstsein, in dem sich die Manifestation als Ganzes abspielt: „ICH bin dies ALLES“. Und auch unsere ursprüngliche Unwissenheit wird überwunden, die Vergessenheit des Einseins unseres transzendenten Selbst mit dem göttlichen All-Einen. Jetzt wird das Eine in den Vielen erfahren und die Vielen werden im Einen geschaut. „Es versöhnt die ewige Einheit mit der ewigen Vielheit. Es vereint wieder die Seele mit Gott und entdeckt das Göttliche Wesen im Universum. Durch diese Realisation können wir uns dem Absoluten als dem Ursprung aller Verhältnisse und Beziehungen nahen.“ Das ist Sri Aurobindo’s gelebte Erfahrung, an der er uns teilhaben lässt, da wir noch auf dem Weg dorthin sind.

Mit der Überwindung all dieser Formen der Unwissenheit erlangen wir Selbst-Erkenntnis, nun wissen wir, wer wir wirklich sind: nur an der Oberfläche sind wir die physisch-vital-mentalen menschlichen Wesen, häufig getrieben vom Unterbewussten in uns, und leben in der Zeit zwischen Geburt und Tod wie unser Alltagsbewusstsein es uns zeigt; hinter dieser äußeren Persönlichkeit steht unser Seele, unser Anteil am all-einen göttlichen Bewusstsein, die durch die Kette der Wiedergeburten und die Passagen durch jenseitige Welten hindurch die Kontinuität unserer Individualität aufrechterhält erhält in der Ewigkeit der Zeit. Darüber steht unser individuelles Selbst, das nicht in die Manifestation in der Zeit eintritt und uns ausweitet in das universelle und transzendente Selbst und letztendlich in das Absolute jenseits von Sein und Nichtsein. Dieser Erkenntnisweg bedeutet spirituelle Evolution: „die Transformation des Lebens der Unwissenheit in das göttliche Leben des der Wahrheit bewussten Geistes; die Umwandlung aus der mentalen in eine spirituelle und supramentale Art des Wesens….Das wahre Individuum, das spirituelle Wesen, tritt hervor. Es ist individuell und doch universal, universal und doch selbst-transzendent.“

Solche Selbst-Erfahrung lässt uns die siebte, die praktische Unwissenheit überwinden, die sich schlimmstenfalls ausdrückt in schlechten Taten, Leiden, Irrtum und Lüge. Wenn wir in der umfassenden Wahrheit leben, dann werden wir entsprechend des göttlichen Gesetzes aus dem Einssein heraus fühlen und handeln, jenseits enger ethischer Maßstäbe, die Ausdruck der höchsten mentalen Ebene sind. Menschliches Leben und Leiden wird sich transformieren in ein göttliches Leben auf Erden in Harmonie, Freude und Vollkommenheit. Sri Aurobindo lässt uns wissen, dass dies der vor uns liegende, unvermeidliche nächste Schritt in der Evolution ist und dass wir Menschen darin die zentrale Rolle spielen.

Wir alle spüren seit Jahren den enormen Transformationsdruck, der auf uns lastet: gut zu wissen, wohin die Reise geht und welche Anforderungen sie stellt – von Herzen Dank, Sri Aurobindo!